Achtsamkeit und wie man sie erreicht

Überall begegnet einem diese Achtsamkeit. Im Supermarkt, im Buchladen und als Kurs für zwischendurch. Meditations-Apps und Yoga-Retreats lassen sich damit verkaufen, wie auch Zeitschriften, Bücher und T-Shirts.

Ich hatte Achtsamkeit bislang so verstanden, dass ich auf mich achte in dem Sinne, dass ich mich nicht über den Fahrer vor mir ärgere, der an der Ampel eine Einladung braucht, um loszufahren. Dass ich Menschen im Supermarktgang bemerke und vorbei lasse und weitestgehend vermeide Müll zu produzieren. Dass ich nicht zuletzt der Umwelt wegen auf Fleisch verzichte und generell in jedem Augenblick darauf achte, was ich tue. Vor allem aber, dass ich darauf achte, was mein Handeln mit meinem Umfeld macht.

So ging ich super achtsam einige Zeit durchs Leben. Fühlte mich schon richtig gut, voll „auf dem richtigen Weg“. Dem Weg wohin? Naja, so in Richtung spirituellem Erwachen bis Erleuchtung.

„Wenn du glaubst, dass du erleuchtet bist, dann fahr mal eine Woche zu deinen Eltern.“

 Eckard Tolle 

Ich musste herzlichst lachen, als ich das hörte, denn das kann ich ganz klar unterschreiben!

Und zack ist man wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Alle Achtsamkeit futsch und die spirituelle Erleuchtung doch wieder ganz weit in die Ferne gerutscht.

Was hab ich falsch gemacht? Muss ich einfach noch viel netter und zuvorkommender sein? Noch mehr Menschen an der Kasse vorlassen, wenn sie nur einen Schokoriegel haben, noch entspannter im Verkehr werden noch mehr (füge hier dein eigenes „mehr“ ein) ……?

Augen schließen * tief einatmen * die Energie sammeln * sich beruhigen * Augen öffnen und ausatmen * entspannter weitermachen

Doch, ist das alles?

Ich denke mein „Fehler“ war das ganze mit dem Ziel des „besser werdens“ anzugehen und vor allem, dass ich meine Achtsamkeit doch irgendwie viel zu sehr aufs Außen projiziert habe.

Denn solange es nur im Außen ist, möchte ich dem:r Fahrer:in vor mir doch gern noch immer erklären, dass man sich bei gelb schon mal aufs Losfahren vorbereiten kann, denn wenn nichts unvorhergesehenes dazwischen kommt, kommt nach gelb recht zuverlässig grün und man kann fahren.

Das würde ich natürlich nie tun, denn ich bin ja achtsam!

Ich rege mich nicht auf, träller 3-5 schöne Ohm und fahre entspannt los, wenn es meinem Vorderauto auch genehm ist zu starten. DAS hab ich dann so oft geübt, dass es mich irgendwann gar nicht mehr stört und ich mir die Illusion geschaffen habe, dass ich einen tollen Schritt auf meinem achtsamen Weg zum Erwachen gemacht habe.

In dieser Illusion lebt es sich ganz toll, bis die oben genannte „Eltern-Situation“ kommt, man sich neben sich stehend findet und fragt, was denn jetzt gerade mit all der Achtsamkeit los ist, die man sich so angeeignet hat. (Das geht natürlich auch mit anderen Personen.)

So könnte man in das oben genannte mehr-tun-Gefühl rutschen, oder das ganze anders angehen.

Achtsamkeit für das, was mich umgibt ist schön, denn es erleichtert den Umgang mit den Mitmenschen, aber bleibt eben nur im Außen.

Aber, wie gehe ich es besser an?

Wenn nicht außen, dann eben innen und am besten auch gleich mal noch ohne Ziel.

Wie geht das denn, ohne Ziel?

Ganz ehrlich kann ich das auch noch nicht zu 100% sagen, wie das so ganz ohne Ziel geht. Sicher gibt es Menschen, die das können. Wenn ichs weiß, lasse ich es euch wissen.

So lange versuche ich es einfach mit einem anderen Ziel als erreichen von „Erleuchtung“.

Dafür habe ich letztens eine fantastische Erfahrung machen dürfen. Im Zuge meiner Ausbildung im Bereich der Yoga-Psychologie durfte ich einen Tag mit Doretta Dow verbringen. Sie lehrt neben Yoga und Pheonix Rising Yoga Therapie auch die faszinierende Welt von Embodiment.

Wir durften in die gar nicht so einfache Aufgabe einsteigen mit uns selbst in Kontakt zu kommen und gleichzeitig mit unserem Gegenüber in Kontakt zu treten. Das ist wie die Master-Version von Multitasking.

Ich bin es als empathischer Mensch gewohnt mich meinen Mitmenschen hin zu öffnen. Wenn ich meinem Gegenüber zuhöre, dann bin ich manches Mal so involviert, dass die Grenzen zwischen dem Erzählenden und mir als Zuhörer fast verschwinden. Das ist was feines, kollidiert aber etwas mit der nie veralteten Aufgabe Grenzen zu erkennen und zu setzen.

So saßen wir uns gegenüber und ich spürte ganz und gar mich als mich und mein Gegenüber als nicht mich. Das ist gar nicht so einfach zu erklären. Wenn wir einen anderen Menschen sehen, ist es klar, dass dieser Mensch dort drüben nicht wir selbst sind. Doch sind wir uns meistens unserer Selbst auch nicht bewusst.

Stell dir vor du sitzt in der Bahn und die Blase drückt schmerzhaft. Die Chance, dass du dir in dem Moment deiner bewusst bist, ist recht hoch. Wie gut kannst du dich in dem Moment auf die wirklich gute Musik des Bahnmusikers einlassen?

Jetzt stell dir vor, dass du dieses gute Ich-Bewusstsein hast, ohne dass die Gedanken um etwas kreisen wie z.B. der beste Zugang zur nächsten Toilette. Du bist entspannt einfach total bei dir. Du öffnest deine Augen, bleibst dir deiner weiter voll bewusst. Du beginnst mit jemandem zu sprechen, ohne den Kontakt zu dir zu verlieren. Dein Bewusstsein ist wie geteilt in „ich nehme mich wahr“ und „ich formuliere Worte, sehe mein Gegenüber, höre eine Antwort“.

Das klingt so einfach, ist es aber nicht und genau DAS ist nun mein Ziel. Achtsamkeit auf einer anderen Ebene üben und so 

In den Kontakt mit mir selbst zu kommen, zu sein und zu bleiben.

Nun kann ich auch erkennen, dass die vermeintlichen Fehler von zuvor mir jetzt eine Hilfe sind. Ich kann mich auf den inneren Weg gelassener einlassen, da mich das Außen nicht mehr ablenkt und ich erkannt habe, dass ich nicht „besser“ werden muss um auf einem spirituellen Pfad des Erwachens zu sein, sondern nur erkennen brauche wer ICH bin.

Namasté

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